Muckenhaupt, Manfred:

3. Die Grundlagen der kommunikationsanalytischen Medienwissenschaft

in: Joachim-Felix Leonhard et al. (Hrsg.): Medienwissenschaft. Ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen. 3. Teilband (XXXVI, S. 1789-2971. 97 Abb. 65 Tab)

Berlin/New York, Mouton/de Gruyter 2002, Seiten 28–57

 

 

 

  1. Einführung
  2. Handlungstheoretische Auffassung von Kommunikation
  3. Qualitative und quantitative Beschreibungsverfahren
  4. Beschreibung medienspezifische Kommunikationsformen
  5. Der historische Wandel medienspezifischer Kommunikationsformen
  6. Untersuchung medienspezifischer Kommunikationsprobleme
  7. Literatur

 

 

 

1. Einführung

 

Die kommunikationsanalytische Medienwissenschaft beschäftigt sich mit der Produktion, dem Gebrauch, der Distribution und der Rezeption von Texten, Bildern und Tönen in den Print-, den audiovisuellen und in den Neuen Medien. Schwerpunkte sind:

Erstens die systematische Klärung der Kommunikationsmittel (Zeichen-, Symbol- und Kommunikationssysteme), die in den verschiedenen Medien verwendet werden (Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen sprachlicher und bildlicher Kommunikation. Multiplizität der Repräsentations- und Kommunikationssysteme, Schriftlichkeit-Mündlichkeit).

Zweitens die Entwicklung qualitativer und quantitativer Beschreibungsverfahren für die Analyse von Medienkommunikationen.

Drittens die Beschreibung medienspezifischer Kommunikationsformen und ihrer Geschichte (z. B. der Nachrichtenberichterstattung und ihrer Vorläufer in der frühen Presse).

Viertens kommunikationsanalytisch fundierte Untersuchungen medienspezifischer Kommunikationsprobleme (z.B. zur Verständlichkeit der Nachrichtensprache, zur Konstruktion von Medienrealität, zur Inszenierung in der Informationsvermittlung, zu Strategien im Kulturjournalimus).

Ein Grundproblem medienwissenschaftlicher Überlegungen liegt darin, daß sich die Medien schneller ändern, als Forschungsrichtungen und Forschungsergebnisse Schritt halten können. Die über 40jährige Tagesschau ist heute auch im Internet abrufbar. Tageszeitungen und Zeitschriften werden als WEB-Dokumentationen elektronisch publiziert.

 

Enzyklopädien integrieren, auf CD-ROM gepreßt, Texte, Bilder, Filme und Töne. Die Bedingungen der Produktion, Distribution und Rezeption ändern sich in immer kleineren Zeitabständen. Die neuen Schlagworte lauten: interaktiver Umgang mit Medienprodukten, individueller und gezielter Zugriff auf Informationen, weniger Massen-, dafür mehr Individualkommunikation im Umgang mit Medien.

Eine der wenigen Konstanten über alle Medien hinweg liegt darin, daß Autoren mit bestimmten Absichten aus verfügbaren Kommunikationsmitteln Produkte herstellen, die über Medien vermittelt (Datenträger, Kanäle, Distributionswege). von Adressaten gelesen, gehört, betrachtet und mit einem gewissen Nutzen verstanden werden sollen. Das Bindeglied zwischen Autor und Adressat ist das Produkt. In dem Produkt müssen die Absichten (Zwecke, Intentionen), Themen und Inhalte des Autors zum Ausdruck kommen, wenn sie kommuniziert werden sollen. Aus dem Produkt muß der Adressat die Absichten und Informationen des Autors entnehmen können, wenn Verständigung gelingen soll.

Im Mittelpunkt der kommunikationsanalytischen Medienwissenschaft steht deshalb eine sprach- und bildtheoretisch fundierte Analyse der Medienkommunikation, die die Funktion und das Verstehen von Medienprodukten zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtung macht.